KöRR – Kunst im öffentlichen Raum Rodersdorf

KNOCHEN-
GESPRÄCHE
gesammelt, präpariert, vorbereitet, belauscht und eingerichtet von
Eva Grahmann

Warum sammeln die Menschen so unnütze Dinge wie Briefmarken, alte Münzen oder getrocknete Pflanzen und viele treiben es so weit, dass sie für ihre Sammlung an eigenartigen Dingen wie etwa Gläsern, landwirtschaftlichen Geräten, Krippen etc. ganze Dachböden, Kammern, ja Wunderkammern oder gar Häuser, und schliesslich "Museen" genannte Paläste besetzen?

Dass wir seit Jahrtausenden darauf angewiesen waren, Nahrung zu sammeln und nun reflexartig immer weiter sammeln mag eine Erklärung für den menschlichen Sammeltrieb sein. Es geht aber um mehr: Um Erinnerung; Um den Versuch, Dinge dem Strom der Zeit zu entreissen. Und es geht um's Begreifen und Verstehen wollen. Wenn man so eine Sammlung zusammenstellt, will man Übersicht erlangen, Zusammenhänge finden; oder vielleicht erst herstellen ?

Auch in Rodersdorf wird gesammelt. 2010 zeigten wir die Sammlung von "Küchen- und Haushaltgeräten aus Alluminium" von Marlies Fasel. Und dies Jahr wird Eva Grahmann ihre Sammlung von Knochen präsentieren: "Knochen-Gespräche". Denn sie hat ihre Objekte nicht nur zusammengestellt und präpariert, sondern auch beobachtet, ja "belauscht".

Um solche Sammlungen in Rodersdorf zu zeigen, haben wir ein spezielles "Format" gefunden: den TISCH. Man könnte ja auch ein Dorfmuseum eröffnen und darin alles präsentieren, was man in diesem Dorf an Interessantem und Absonderlichem findet. Der Tisch bietet demgegenüber beschränkte Möglichkeiten. Aber das ist vielleicht gar nicht nur schlecht, denn eine Installation auf einem grossen Tisch wirkt überschaubarer. Auch dass wir ihn nicht für die Ewigkeit einrichten müssen, hat gewisse Vorteile: Man kann ihn schnell wieder abräumen und in einem Jahr etwas anderes auftischen.

Eine Sammlung ausstellen, vorstellen ist das eine; mit ihr umgehen ist das andere. Auch darin erweist sich der Tisch als geeignetes Format: Er ist von Alters her ein Möbel, an dem man Gespräche führt. Zum Beispiel Knochengespräche: Es sind die Knochen selber, die Geschichten erzählen; es ist die Sammlerin, die über die Erfahrungen beim Präparieren und Zusammenstellen der Objekte berichten kann und es sind die Besucher und Besucherinnen, die sich angesprochen fühlen; denen plötzlich Zusammenhänge aufgehen: Über den Bau der Knochen und den Bau der Welt. Oder über den Unterschied zwischen dem Bau eines Felsengebirges und dem Bau eines Röhrenknochens. Und gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Leiden an der Welt und dem Leiden an meinen alten Knochen? Gibt es einen Bezug der Knochen zum Weltall? Bestehen Knochen nicht aus demselben Element, das vor Milliarden von Jahren weit weg in den Sternen entstand? Es gibt viele Fragen. Und viele Antworten.

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